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Unterwasserarchäologisches Seminar mit NAS 2-Kurs

von Kai Schaake und Ralf Göhler
 
Im Rahmen des unterwasserarchäologischen Seminars fand im Vorfeld der Tagung 
„IN POSEIDONS REICH XVII“ ein NAS 2 – Kurs unter der Leitung des Landesverbandes für Unterwasserarchäologie Mecklenburg-Vorpommern statt. Der Kurs startete bei herrlichem Wetter mit zwei Vorlesungstagen am 24.3.2012 in den ehrwürdigen Gebäuden der Universität Greifswald. Im Hörsaal des Historischen Institutes führten renommierte Experten aus der Region die Teilnehmer und interessierte Bürger in die Landschafts- und Seefahrtsgeschichte des Arbeitsgebietes ein.

So erfuhren die Zuhörer aus erster Hand die spannende Entstehungsgeschichte der heutigen Ostsee, die als kaum 6.000 Jahre altes Meer gerade in den vergangenen zehn Jahren viele ihrer Geheimnisse an die Greifswalder Forscher preis gab. Weiter wurden neue Forschungen zur Schiffbau und Seefahrtsgeschichte vorgestellt. Höhepunkte bildeten dabei die anschauliche Darstellung der komplexen Hansegeschichte und des Alltagsleben auf den damaligen Schiffen sowie die spannenden Erläuterungen zu den Ereignissen des Großen Nordischen Krieges.
Von links nach rechts stehen Roman Scholz, Ralf Göhler, Markus Schmidt und Jens Affeld, Kai Schaake sitzend im Vordergrund

Besonders spannend wurde es für Jens Affeld, Ralf Göhler und Markus Schmidt, jenen drei Interessierten, welche die Ostseegeschichte auch tauchend erfahren wollten, am Sonntagnachmittag. Im Zuge der planmäßigen Einführung in das Arbeitsgebiet erläuterte der Projektleiter K. Schaake den Tauchern, dass in den kommenden Tagen eine Schlechtwetterfront durchziehen werde und das für die geplanten Arbeiten maximal noch zwei Tage zur Verfügung stünden. Aus diesem Grunde werde der theoretische Teil der für den kommenden Tag geplanten Methodenschulung vorgezogen und die geplanten Dokumentationsübungen müssten entfallen, um zumindest die theoretische Möglichkeit zu wahren, alle Dokumentationsziele zu erfüllen.
Derart gerüstet und für die anstehenden Herausforderungen sensibilisiert begannen noch am selben Abend die Startvorbereitungen für die geplanten Taucheinsätze, um nichts von der kostbaren Zeit zu verschwenden. Durch ein reichliches Frühstücksbuffet gestärkt startete das Team am Montagmorgen mit dem Boot GOOR unter der Leitung von A. Grundmann in Freest und erreichte nach einstündiger Fahrt mit den Fundplätzen 79 und 80 die ersten Dokumentationsziele am Westrand der schwedischen Schiffssperre von 1715 zwischen Rügen und der vorgelagerten Insel Ruhden.
 
Markus und Ralf bei der Zeichendokumentation am Fundplatz 79. Foto: Kai Schaake
Aufgrund des günstigen Verhältnisses von zwei Betreuern (K. Schaake, R. Scholz) auf drei Teilnehmer konnten kleine, effektive Einsatzteams gebildet werden, um die mit ihrer einfachen Struktur und robusten Oberfläche für Ausbildungsaktivitäten bestens geeigneten Fundplätze zu bearbeiten. 
Ziel der Einsätze war die Erstdokumentation der jeweiligen Fundplätze, nach dem durch den Dokumen-tationsleidfaden des Landesverbandes vorgegebenen Standard – Übersichtsskizze (möglichst im Offset-Verfahren) sowie Foto- und Videodokumentation. 
Südansicht des Fundplatz 80. Der Blick wandert dabei über Teile des ehemaligen Kiels bis zum Ballaststeinhaufen, welcher heute Kern und Charakteristikum des Fundplatzes ist. Foto: Kai Schaake
Unter dem Motto „zugeschaut und mitgebaut“ ging es ans Werk. Die Teilnehmer übernahmen das Erstellen der Übersichtsskizze auf den durch die Teamleiter vorbereiteten Fundplätzen und es zeigte sich schnell, dass Jens, Markus und Ralf nicht nur über sehr gute taucherische Fähigkeiten, sonder auch über eine gute Auffassungsgabe verfügten. So konnten die geplanten Dokumentationsarbeiten an den beiden Wrackfundplätzen bereits am Ende des ersten Einsatztages abgeschlossen werden.


Ziel des folgenden Einsatztages war das eigenständige Üben der am Vortag erlernten Fähigkeiten durch die Teilnehmer. Hierzu wurden die einige hundert Meter südlich der schwedischen Schiffssperre von 1715 gelegenen Fundplätze 5 und 78 angelaufen. Der Fundplatz 5 bezeichnete eine Sonaranomalie, die bei Unter-suchungen im Jahre 2009 in diesem Bereich festgestellt worden war. Es lag nahe, dass es sich dabei um ein Wrack handeln könnte, welches aufgrund eines Luftbildes in diesem Bereich vermutet wurde. 
  
Leider konnte dies durch die Untersuchung nicht bestätigt werden. Der Fundplatz 78 besteht dagegen aus einer Ansammlung von Kalksteinplatten, wie sie zur Brandkalk-gewinnung über Jahrhunderte in die Hansestädte verhandelt wurden. Hier galt es, die Ausdehnung des Fundplatzes zu dokumentieren, um die Entstehungsursache klären zu können. Ein weiteres Ziel war es, eine der Platten zu bergen, um über eine geologische Herkunftsbestimmung die ehemalige Handelsroute zu erschließen. Leider verschlechterte sich das Wetter im Verlauf der Dokumentationsarbeiten derart, dass diese abgebrochen werden mussten. Die Feldarbeiten endeten damit witterungsbedingt, ohne vollständig abgeschlossen werden zu können.

Von den starken Winden an Land gefesselt, bot sich die Gelegenheit die Datenauswertung der aufgenommenen Fundplätze wesentlich detaillierter anzugehen, als ursprünglich gedacht. So erfolgte eine Einführung in die Grundlagen der Kartografie und in den Umgang mit Koordinatentransformationen sowie in die dafür notwendigen Programme. Weiter wurden in Vorbereitung zur späteren Verwendung die freie GIS-Software (Geografisches Informations- System) Qgis und die freie Bildbearbeitungssoftware GIMP vorgestellt und in ihrer Bedienung erläutert.
 
Nach Überwindung der üblichen Hürden von Programminstallation und erster Bedienungskonfusion gelang es schnell, die Arbeit aufzunehmen. So wurden die vorhandenen drei Feldzeichnungen von den Teilnehmern in publikationsfähige Reinzeichnungen umgearbeitet und mit Fotopunkten und Videostrecken verknüpft. Die Reinzeichnungen wurden georeferenziert und in das GIS eingearbeitet. Alle notwendigen Berichte und Protokolle wurden erstellt und spätestens an diesem Punkt war allen klar, dass die Feldarbeiten zwar ein spannender, aber doch nur kleiner Teil der archäologischen Tätigkeit sind.
 
Umso mehr erfreute es alle Beteiligten, dass die Datenauswertung im verfügbaren Zeitrahmen nicht nur abgeschlossen werden konnte, sondern dass es auch gelang, die beachtlichen Ergebnisse in einer kurzen Präsentation zusammen zu fassen. Diese, vorgestellt zum Abschluss der Tagung, bildet den vorläufigen Abschluss der Arbeiten. Innerhalb von nur einer Woche wurden von den Teilnehmern somit alle wissenschaftlichen Arbeitsschritte beginnend mit dem Einarbeiten in das Arbeitsgebiet über die Feldarbeiten und Datenauswertung bis hin zur Ergebnispräsentation im Rahmen einer wissenschaftlichen Tagung absolviert. Zur Vollständigkeit fehlt also nur noch die Publikation in schriftlicher Form, welche aber bereits in Arbeit ist.
 
 
 
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